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Oskar Dalvit

∗ 11.3.1911 Zürich,
† 10.12.1975 Zürich

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Maler, Grafiker und Buchillustrator. 1953-1965 Lehrer an der Volkshochschule. Tätig in Zürich und Amden

Nach einer Ausbildung zum Schriftenmaler und Grafiker bei Orell Füssli in Zürich entschliesst sich Oskar Dalvit 1936 für die freischaffende Tätigkeit als Maler. Im gleichen Jahr heiratet er Hilda Schneider, die als Primarlehrerin für den Lebensunterhalt der Familie aufkommt. 1941 wird Tochter Gisela geboren, 1945 Sohn Matthias.

Über die freundschaftliche Vermittlung von Maria Marc (Witwe von Franz Marc) lernt er den Kunsthändler Karl Nierendorf kennen, der sein Werk 1947 unter Vertrag nimmt. Eine Ausstellung in New York ist bereits in Vorbereitung, als der Kunsthändler an einem Herzversagen stirbt. Dank der Vermittlung Nierendorfs öffnen sich Dalvit in den 1950er-Jahren viele Galerien und Museen. 1951 vertritt er die Schweiz an der Bienal de São Paulo, Brasilien. Durch die Freundschaft mit dem deutschen Maler Fritz Winter wird er mit der Gruppe Zen 49 bekannt, deren Mitglieder wie Dalvit in der Münchner Galerie Otto Stangl ausstellen. Von einigen Auslandaufenthalten abgesehen, lebt Dalvit immer in Zürich. Ab den 1940er-Jahren arbeitet er während der Sommermonate in Amden, wo bereits Otto Meyer-Amden – Dalvits wichtigstes Vorbild – entscheidende Schaffensjahre verbracht hat. 1975 stirbt Dalvit an einem Herzversagen.

Mit dem Zyklus der Blinden beginnt Oskar Dalvit 1939 sein gemaltes Werk. Bei den vier je auf einer einzelnen Leinwand vorgestellten Köpfen handelt es sich um eine Paraphrase von Pieter Bruegels Blindengleichnis. Nach einem gezeichneten Frühwerk, in dem er Einflüsse Hans von Marées’ und Otto Meyer-Amdens verarbeitet, stellt sich Dalvit mit diesen Ölgemälden, die in starken, pastos aufgetragenen Farben gehalten sind, als Expressionist vor. Ernst Ludwig Kirchners in der Schweiz entstandenes Werk dient ihm als Anregung. In den darauf folgenden Holzschnitten, die im 1941 geschaffenen Lebensbuch versammelt sind, beruhigte sich der Ausdruck wieder. In der an die Fläche gebundenen Formgebung finden Stilelemente des Jugendstils und des Expressionismus zusammen. Inhaltlich zeichnet das Buch in einem bildnerischen Stationenweg den Individuationsprozess des Menschen nach, wie ihn C. G. Jung im Verweis auf die archetypischen Bilder dargelegt hat. Über die Beschäftigung mit Paul Klee und Wassily Kandinsky findet Dalvit in den 1940er-Jahren zu einer ungegenständlichen Gestaltungsweise. Der Weg zur Abstraktion bedeutet für ihn einen Prozess der Verinnerlichung. Die Qualität der Werke sollte ähnlich wie bei den Vertretern der lyrischen Abstraktion Jean Bazaine oder Alfred Manessier in ihrer «Gestimmtheit», ihrem atmosphärischen Wert, liegen und damit gleichsam ein Äquivalent zur Musik bilden. So sehr Dalvit seine Bilder aus der Farbe konstituiert, so sehr spielt auch das grafische Moment in seinem Werk eine Rolle. In den 1950er-Jahren werden seine druckgrafischen Blätter bekannt, ja geradezu populär. Sie haben Dalvits Namen mehr geschadet als genützt, lenken sie doch in ihrer oft etwas gefälligen Wirkung vom tiefen Gehalt anderer Werke ab, in denen Dalvit versucht, philosophische, soziale und religiöse Momente ins sinnlich Wahrnehmbare zu übersetzen. In den letzten Jahren arbeitet er fast ausschliesslich an Holzreliefs, die man als seinen Versuch ansehen kann, aus der Zweidimensionalität auszubrechen.

Werke: Aarau, Aargauer Kunsthaus; Amsterdam, Stedelijk Museum; Öffentliche Kunstsammlung Basel, Kupferstichkabinett; New York, Solomon R. Guggenheim Museum; Kunstmuseum St. Gallen; Kunsthaus Glarus; Zürich, Museum für Gestaltung; Zürich, Graphische Sammlung der ETH.

Angelika Affentranger-Kirchrath, 1998, aktualisiert durch die Redaktion, 2017

Zitiermethode:
Angelika Affentranger-Kirchrath: «Oskar Dalvit». In: SIKART Lexikon zur Kunst in der Schweiz, 2017 (erstmals publiziert 1998).
https://recherche.sik-isea.ch/sik:person-4000091/in/sikart